10. Juni 2010
>> Pinneberger Zeitung <<
„Theater AG des Gymnasium Schenefeld inszeniert „Pinocchio" als surreale Farce"
SCHENEFELD Die Fee trug Helm und Blaumann. Statt zu schweben, wie es das Klischee für Lichtwesen ihrer Gattung vorgibt, stiefelte sie breitbeinig über die Bühne. Im Gepäck: die Insignien jedes pragmatischen Handwerkers - Werkzeugkoffer, Sackkarre, Sicomastic-Spritze. Und wenn die Fee den Mund aufmachte, hatte sie mit ihren in breitestem Dialekt artikulierten bärbeißigen Pointen die Lacher sofort auf ihrer Seite. Einziges Zugeständnis ans „Fee"-Klischee: Den Bauarbeiterhelm krönte ein zierlicher Schleifchenpropeller.
Kater (Nele Recksiek, links) und Fuchs (Maxine Riedl, Mitte) hauen den naiven Pinocchio (Carlos, von Steinkeller) übers Ohr.
Fotos: Pawelko
Keine Frage: Luisa Puttfarcken als „Fee" gehörte zu den Publikumslieblingen bei der Inszenierung „Pinocchio" der Theater AG des Gymnasiums. Ihr vergeblicher Versuch, ihrem Schützling Pinocchio (Carlos von Steinkeller) bittere „Medizin" einzuträufeln, gehörte zu den komischsten Szenen des Stücks.
Die 15 Schüler des Kurses „Darstellendes Spiel" spielten in ihrer Version des Kinderbuch-Klassikers von Carlo Collodi mit Paradoxen (siehe Fee) und gängigen Erwartungen. Zum Beispiel agierte die hölzerne Titelfigur besonders lebendig, wie Roboter dagegen die Vertreter der „anständigen" Gesellschaft. Ihre maskenhaft und gleichförmig geschminkten Gesichter, eine Mischung aus dem Schwarz-Weiß der Pantomimen und der rotwangigen Porzellanstarre eines Pierrot, unterstrichen das.
Starker Auftritt: Die burschikose „Fee" (Luisa Puttfarcken, links) trichtert dem widerstrebenden Pinocchio bittere „Medizin" ein.
Mit wenigen Kunstgriffen zauberten die Macher aus-drucksstarke Bühnenbilder, schufen mit Schattenspielen hinter weißen Laken eine surreale Gesamtoptik. Zu den Hinguckern gehörte die Unterwasserszene, bevor Pinocchio vom Wal ver-schluckt wird. Mit Hilfe von Schwarzlicht verwandelten die Schüler unter Leitung der Lehrerinnen Lucie Otto und Claudia Egner die Bühne des JUKS in eine amphibische Traumwelt.
Die Theater AG erzählte die Geschichte vom Erwachsenwerden kurzweilig und facettenreich. Dabei sparten die Gymnasiasten nicht mit Gesellschaftskritik: Vom dissonanten Chor der Besserwisser über ätzende Konsumkritik und Straßenkehrer-Ballett bis hin zu einer repressiven, von Willkür, Angst und Unterdrückung geprägten Schulstunde. [pawelko] |